Die Nacht von Lissabon, Erich Maria Remarque

Interessanter Herr
Interessanter Herr, Öl auf Leinwand, Elke Zagadzki 1996

Sonnabend, 9. November 2019

Die Nacht von Lissabon: unser Literaturkreis – „Klassiker“ für dieses Jahr.  (Einmal im Jahr lesen wir ein älteres Buch, das nicht unter Gegenwartslektüre eingeordnet werden kann und dessen Autor meist schon tot ist.)

Spannend, ergreifend, leicht und gut zu lesen… Schilderung der erdrückenden Atmosphäre in den 40iger Jahren in Deutschland… Rührende Liebesgeschichte… Ganz „normale“ Menschen können ohne eigene Schuld in schreckliches Leid und völlige Hoffnungslosigkeit geraten. Für mich das einzig Gute an der Trostlosigkeit und Ausweglosigkeit des Romanausganges: Liebe gibt es immer und kann gedeihen, auch in den schlimmsten Zeiten.

Einige für mich interessante Passagen, Formulierungen und Gedanken:

  • Emigranten haben ein „Kugel-Dasein“, müssen immer im Rollen bleiben…
  • „Es ist sonderbar, wie krumme Wege wir oft wählen, um nicht zu zeigen, was wir fühlen!“ …
  • Die Nazis  haben eine Schwäche für Stiefel, weil sie so tief im Dreck waten (sinngemäß)…
  • „Man hat mir erzählt, daß es in Indonesien Sitte sei, ab und zu die Namen zu wechseln. Wenn jemand seiner Persönlichkeit müde wird, wechselt er sie, ergreift einen neuen Namen und beginnt ein neues Dasein. Eine gute Idee!“ …
  • „Deshalb kommen die Worte jetzt herausgestürzt wie Äpfel aus einem Korb…“,
  • „Man fragt in der Liebe immer Zuviel, und wenn man anfängt, die Antworten wirklich wissen zu wollen, ist sie bald vorbei…“,
  • „Warum wollen Sie einem sterbenden Menschen nicht überlassen, selbst zu bestimmen, wann er es nicht mehr ertragen kann?… Es ist doch das Geringste, was wir tun können!“
  •  „… Und was besitzen wir wirklich? Wozu so viel Lärm um Dinge, die als bestes nur geliehen sind für einige Zeit; und wozu so viel Gerede darüber, ob man sie mehr oder minder besitzt, wenn das trügerische Wort ´besitzen´ doch nur heißt: die Luft zu umarmen?“

Ich habe mich ein wenig mit Erich Maria Remarque beschäftigt. Ein Vorteil des Literaturkreises, meine Allgemeinbildung etwas aufzubessern, was ich „freiwillig“ nie gemacht hätte. (Es ist halt so – ich favorisiere Krimi- und Thrillerlektüre. Und ich bin überzeugt, würde Remarque noch leben, er wäre heute ein hervorragender Thrillerautor!)

Eine schillernde Gestalt. Selbstummodelung seines ursprünglichen Namens Remark in Remarque. Ananym zu Remark „Kramer“. Frauenheld mit einigen Ehen – die 3. Ehe mit Charly Chaplins Exfrau –  und Affären, u.a. mit Marlene Dietrich und Greta Garbo. Er erkaufte sich einen Adelstitel und arbeitete in abenteuerlichen Berufen. Seine Bücher wurden von den Nazis verbrannt, er emigrierte noch rechtzeitig, wurde zu einem Weltenbüger…

Mein Fazit: Es lohnt sich, Remarque zu lesen. Mal schauen, wann ich mich an „Im Westen nichts Neues“ – steht sogar in unserem gutbürgerlichen Bücherregal – heranwage.

Königsallee, Hans Pleschinski

Montag, 19.November 2018WP_20160712_15_15_11_Pro_LI

In unserem Literaturkreis lesen wir zur Zeit „Königsallee“ von Hans Pleschinski.

Ein wortgewaltiger Roman, der mich manchmal ziemlich überfordert, manchmal amüsiert kichern läßt, manchmal auch durch Längen – jedenfalls für mich – langweilt. Zum Teil für mich manirierte, übertriebene Schreibweise, die aber bestimmt ganz bewußt so gewählt wurde. Der Thomas-Mannsche Schreibstil sollte hier vermutlich weitergeführt werden.

Das Thema Homosexualität ist super bearbeitet worden … Das gefällt mir absolut.
Ich sammle hier einfach Gedankensplitter, um so nach und nach mich zu sortieren, auch mal etwas nachzulesen, da ich geschichtlich nicht so bewandert bin ….
Ich habe ständig Notizzettelchen bei mir, kritzel, kritzel… und übertrage es dann hier. Mal schauen, was dabei herauskommt.

  • Fiktive Begegnung von Thomas Mann und Klaus Heuser
  • Düsseldorf, Hotel Breidenbacher Hof, Schuhmann, Heinrich – Henry – Heine, Schuhmannsaal
    • Vorbereitung auf den hohen Gast
    • Nazi Generalfeldmarschall Albert Kesselring auch dort, oh,oh… rausgeekelt vom Personal, zieht nach Essen in die Villa Hügel
  • Betrachtungen von/über Klaus Heuser und Thomas Mann
    • Shanghai, Burma, Singapur, Hongkong
    • Sumatra, Boy Anwar kennengelernt
    • Vater Werner Heuser Maler
    • Eltern leben nach dem 2. Weltkrieg in Meerbusch
    • Mutter Mira, temperamentvoll, Mein Garten ist Karnevall, aus der jüdischen Patriziergeschlecht Oppenheimer
    • 1927 Treffen mit Thomas Mann auf Sylt (Das stimmte wirklich.)
    • Königliche Hoheit von Thomas Mann läuft gerade als Kinofilm
  • Gespräch Katja Mann und Erika Mann: Vor uns kann er fast Mensch sein … Was wären wir ohne ihn… Krüppel… Wir sind Sanitäterinnen und Wagenlenker…
  • Erika kommt zu Klaus Heuser und Anwer aufs Zimmer
    • Urkomische Szenen…
    • Haben Betten zusammengestellt
    • Erika will sie vertreiben, damit Thomas Mann Klaus Heuser nicht trifft…
    • Erika redet zu viel, redet, redet, stellt sich dar (mir sehr unsympathisch…)
  • Begegnung und Gespräch mit Ernst Bertram
    • Patenonkel von Elisabeth Mann( später Elisabet Mann Borgese, Seerechtsexpertin und Ökologin, 1918 bis 2002, Anmerkung Elke Zagadzki)
    • Ist dann für den Nationalsozialismus
    • … Nietzsche … Stephan George… Ernst Glöckner
    • Harry Heinrich Heine, Düsseldorf, Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…
  • Begegnung und Gespräch mit Golo Mann
    • Salem, Heuser schläft im Bett von Golo Mann
    • Thomas Mann, Man berührt das Kind…, wenn man einen menschlichen Körper berührt…
    • Golo Mann, der Zauderer, der Beißer…
    • Julio Kocherthaler? Salem… Freund von Golo Mann
    • Klaus Heuser muß Joseph (und seine Brüder) teilen mit Julio, da Thomas Mann ihn auch toll fand…
    • Klaus Mann (jetzt schon tot) mußte auf die Odenwaldschule, weil er für Salem zu hübsch war und bestimmte außergewöhnliche Neigungen hatte…
    • Golo im Lausitzer Bergwerk zeitweise
  • Thomas Mann in der Zwischenzeit Kulturprogramm und Interview mit kleinwüchsigen Lübecker Journalistin Kückebein (schlagfertiges Antworten auf Erikas Fragen, Verwandte in Gaskammern umgekommen)
  • Kapitel 7, Betrachtungen vom alten Thomas Mann, Frühstück mit Katja
    • Agnes Meyer…
    • Deprimierende Altersschilderung, Gedankensplitter…
    • Katja macht Lobhuddellei zu ihrem Mann, Thomas total egozentrisch, fragt überhaupt nicht nach Katja…
    • Kammerkatzen (haha, Männer, Anmerkung Elke Zagadzki)
    • Katja sagt Tommy zu Thomas Mann
    • Mit Importoliven war wohl kaum zu rechnen … (ziemlich verwöhnte arrogante Leute, Anmerkung von Elke Zagadzki)
    • Thema Kesselring und Golo Mann und Liebhaber
    • Erika beteiligt sich am Gespräch, unterschätzt Katja oft, diese ist sehr alltagspraktisch…
  • Betrachtungen von Klaus Heuser über die Ehe mit Anwar…
  • Nach Lesung im Schuhmannsaal Empfang im Düsseldorfer Malkasten
    • Katja lädt auch Heuser mit Begleiterin ein, registriert gelassen den geschlechtichen Irrtum…
    • Begegnung Heuser und Mann, Blick-und Wortwechsel, beide gerührt
  • Beide büchsen nachts aus, Taxifahrt zum Park von Schloss Benrath, erwarten Sonnenaufgang
    • Emotionsgeladene, für meinen Geschmack sehr schwülstige Gespräche…

Insgesamt ein sehr lesenswertes Buch, wenn man den Thomas-Mannschen Schreibstil mag, sich geduldig darauf einlassen kann und viel Zeit dafür mitbringt.

Und es ist für mich eine Hommage an die Selbstverständlichkeit und Normalität von Homosexualität.