Es ist endlich soweit! Ab Juni 2020 wird meine alte Homepage aus dem weltweiten Netz verschwunden sein. Sie hat mich fast 20 Jahre treu begleitet, mir und meinen Schülern als Unterrichtsergänzung gute Dienste geleistet, mir einfach viel Spaß bereitet und mich gelehrt, ein ganz klein wenig HTML schreiben zu können.
Mein Sohn Friedrich hat sie mir programmiert als er 15 Jahre alt war. Ich habe sie dann nach und nach mit Leben gefüllt, bis er mir vor einiger Zeit sagte, dass sie nicht mehr sicher sei. Auf seinen Rat hin habe ich mich dann hier WordPress zugewendet.
Die Schizophrenie war eines meiner wichtigsten Unterrichtsthemen. Es ist sehr umfangreich und etwas „undurchschaubar“ – jedenfalls für einen Laien. Ich habe versucht, ganz systematisch heranzugehen und alles „Fachchinesische“ zu übersetzen. Ich finde es sehr wichtig, dass Lernende für einen Heil- und Pädagogigberuf das Krankheitsbild der Schizophrenie richtig fassen und begreifen und sich in die Patienten hineinversetzten können. Es erleichtert den Umgang mit diesen und stärkt das gegenseitige Vertrauen. Betreuende und Begleitende können den Patienten besser die Therapien erklären und näherbringen, sodass die Patienten auch überzeugt und motiviert mitarbeiten können. Das ist sehr wichtig für den Erfolg einer Therapie.
Nach einer relativ groben Übersicht folgt dann eine ausführlichere Übersicht.
„Teile“ der Psyche, die bei einem psychopathologischen Befund beschrieben werden
Störungen in der Wahrnehmung können unter anderem Sinnestäuschungen sein. Bei den
Sinnestäuschungen
werden im wahrsten Sinne des Wortes unsere Sinne von unserem Gehirn getäuscht, in die Irre geführt. Unsere Sinne nehmen etwas wahr, was nicht vorhanden ist. Oder es ist in der Realität etwas vorhanden, wird aber anders wahrgenommen.
Wir können in jeder Sinnesqualität (Hören, Sehen, Schmecken, Riechen, Fühlen) Sinnestäuschungen haben. Vor allem sind akustische Sinnestäuschungen sehr häufig.
Es gibt verschiedene Arten von Sinnestäuschungen.
Einfache Wahrnehmungsveränderungen
Gegenstände werden größer, kleiner oder bunter gesehen als sie wirklich sind, oder auch verzerrt oder verschwommen. Geräusche und Stimmen erscheinen lauter oder leiser.
Illusionäre Verkennungen
Sind dadurch gekennzeichnet, dass etwas real Vorhandenes für etwas anderes gehalten wird. Ein typisches Beispiel sind Bäume im Nebel, die als gefährliche Monster gesehen werden.
Halluzinationen
Den Sinneseindrücken, die der Mensch wahrnimmt, liegt keinerlei reales Objekt zugrunde. Der Betroffene ist von der Wirklichkeit der Wahrnehmung unkorrigierbar überzeugt.
optische Halluzinationen (das Sehen von Personen, Dingen, Ungeheuern, szenischen Abläufen)
akustische Halluzinationen (kommen sehr häufig vor, Stimmen, Geräusche). Von den Stimmen gibt es solche, die alles, was der Betroffenen macht kommentieren – kommentierende Stimmen. Oder es gibt Stimmen, die sich über den Menschen unterhalten – dialogisierende Stimmen. Oder es gibt Stimmen, die dem Menschen Befehle erteilen (imperative Stimmen). Der Betroffene kann auch Stimmen hören, die seine Gedanken aussprechen (Gedankenlautwerden).
Körperhalluzinationen (abnorme Leibgefühle – Coenästhesien – wie Nichtvorhandensein von Organen, Bewegungs-, Zug-, Druckempfindungen im Körperinneren, Schmerzen, Mißempfindungen)
Sonderfall: Leibliche Beeinflussungserlebnisse(Kombination Körperhalluzinationen plus Ich-Störung mit dem Gefühl des Gemachten. Die Umwelt macht etwas mit dem Körper des Betroffenen, deshalb hat er zum Beispiel brennende Schmerzen im Bauchbereich mit dem Gefühl, ein Loch im Magen zu haben)
„Teile“ der Psyche, die bei einem psychopathologischen Befund beschrieben werden
Ich bin ich, Du bist Du. Ich bleibe Ich, auch wenn ich einem anderen Menschen noch so nahe komme. Und ich war immer Ich, egal ob ich 10 oder 30 Jahre alt war. Und auch mit über 60 Jahren habe ich die gleiche Identität wie damals, als ich 10 Jahre alt war, halt nur etwas älter und mit anderen Anschauungen…
Das klingt etwas verrückt, ist aber für die meisten Menschen ganz normal. Zwischen uns und anderen, der Umwelt, besteht immer eine Grenze, hinter die ich mich zurückziehen und verstecken kann. Das gibt mir Sicherheit über meine Individualität und Persönlichkeit. Meine Gedanken und Gefühle gehören mir, keiner kann sie mir wegnehmen. Sie kennen bestimmt alle das Lied „Die Gedanken sind frei,…“. Das trifft es irgendwie…
Bei einigen psychischen Erkrankungen empfinden die Menschen diese Grenze als durchlässig in beide Richtungen. Die Umwelt kann etwas mit ihrem Innersten „machen“, sie können sich nicht schützen, sich von der Umwelt nicht mehr abgrenzen. Das macht unglaublich viel Angst. Und es ist total verständlich, wenn diese Menschen sich zurückziehen, autistisch reagieren. Das sollte unbedingt respektiert werden.
Psychiatrisch wird dies bezeichnet als
Ich-Störungen mit dem „Gefühl des Gemachten“ (Die Umwelt macht etwas mit mir.)
Es gibt verschiedene dieser Ich-Störungen.
Gedankenausbreitung
Der Betroffene hat den Eindruck, dass seine Gedanken von anderen gelesen würden, dass andere wüssten, was er denkt. (Man macht also von außen etwas mit seinen Gedanken.)
Gedankenentzug
Der Betroffene klagt, dass andere ihm seine Gedanken wegnehmen würden.
Gedankeneingebung
Der Betroffene meint, dass andere seine Gedanken von außen beeinflussen und steuern.
Willensbeeinflussung
Hier erlebt der Betroffene seine Handlungen und sein Wollen als von außen beeinflusst. Beispielsweise sagt er, er wolle nicht schreien, aber es schreie aus ihm heraus, und das liege an den Strahlen, die andere ihm senden (man macht also von außen etwas mit seinem Willen).
In der Psychiatrie werden noch andere Auffälligkeiten als Ich-Störungen bezeichnet. Hier fehlt das Gefühl des Gemachten.
Derealisation
Die Umgebung scheint dem Betroffenen verändert, unwirklich, fremdartig und unvertraut.
Depersonalisation
Die eigene Person kommt dem Betroffenen verändert, unwirklich oder fremd vor. Er steht sich selbst fremd gegenüber („Ich bin ein Roboter geworden“, „Ich lebe nicht mehr“).
„Teile“ der Psyche, die bei einem psychopathologischen Befund beschrieben werden
Störungen des Gedächtnisses sind Beeinträchtigungen der Fähigkeit, sich Wahrnehmungen und Empfindungen zu merken und sich später daran zu erinnern.
Das Gedächtnis besteht aus zwei Komponenten, die aber eigentlich im Alltag nicht voneinander zu trennen sind:
Merkfähigkeit – der Fähigkeit, Wahrnehmungen und Empfindungen zu speichern und
Erinnerung – der Fähigkeit, diese wieder zurückzurufen.
Merkfähigkeitsstörungen
Der Betroffene hat Neues bereits nach wenigen Minuten wieder vergessen.
Störungen des Kurzeitgedächtnisses
Der Betroffene kann Neues nur für einige Minuten bis Stunden behalten.
Störungen des Langzeitgedächtnisses
Der Betroffene kann sich an Ereignisse, die Monate bis Jahre zurückliegen, nicht mehr erinnern.
Amnesien (gr. a = nicht, mnesis = das Erinnern)
Als Amnesien werden zeitlich oder inhaltlich begrenzte Erinnerungslücken bezeichnet. Beispiel einer zeitlich begrenzten Amnesie ist die Erinnerungslücke für die Zeit direkt vor einer Gehirnerschütterung.
Konfabulation (lat. confabulare = reden, plaudern)
sind Pseudoerinnerungen (scheinbare Erinnerungen). Der Betroffene füllt eine Erinnerungslücke mit einem spontanen Einfall aus und hält diesen für eine echte Erinnerung.
„Teile“ der Psyche, die bei einem psychopathologischen Befund beschrieben werden
Wahn
Der Wahn ist eine inhaltliche Denkstörung. Er ist eine objektiv falsche Überzeugung, die ohne entsprechende Anregung von außen entsteht. Er wird vom Betroffenen mit großer Gewissheit erlebt und trotz „vernünftiger“ Gegengründe unkorrigierbar aufrechterhalten.
Es handelt sich also um eine „Privatwirklichkeit“, die von niemandem geteilt wird. Der Betroffene hat kein Interesse daran, seine Wahnidee zu überprüfen.
Wahnideen kommen meistens nicht von einer Minute zur nächsten, sondern:
Wahnstimmung
Meist entsteht Wahn aus einer Wahnstimmung heraus. Die Patienten merken, dass sich etwas Bedrohliches (selten sind es Glücksgefühle) ankündigt. Ihre Umgebung erscheint ihnen merkwürdig, viele belanglose Handlungen geheimnisvoll.
Wahnwahrnehmung
Etwas Reales wird umgedeutet, was objektiv falsch ist. Beispiel: Alle Menschen mit weißen Turnschuhen stecken unter einer Decke und planen etwas Böses gegen mich.
Wahneinfall
Dem Betroffenen fällt einfach etwas ein, was objektiv falsch ist. Er braucht dafür keine Beweise, er weiß es eben. Beispiel: Ich weiß einfach, dass ich Napoleon bin.
Wahnthemen
Ein Mensch kann sich beobachtet, verfolgt, vergiftet fühlen. Auch religiöse Themen spielen eine Rolle. Bei Menschen mit Schizophrenie sind die Themen häufig großartig, abenteuerlich oder philosophisch (Ich bin Napoleon oder der Messias, ich erlöse die Welt, die Marsmenschen wollen mich vernichten, ich werde von einer Geheimorganisation verfolgt, ich weiß genau, dass morgen die Welt untergeht…)
Die Wahnthemen von Dementen handeln häufig von der Vergangenheit des Betroffenen bzw. von kleinen Alltagsdingen aus dem jetzigen Leben (Z.B. ich weiß genau, meine Zimmernachbarin bestiehlt mich. Sie will mich fertigmachen…).
Irrtum
Ist auch eine objektive falsche Überzeugung, die der Realität nicht entspricht. Aber ein Irrtum lässt sich korrigieren. Sie kennen dies alle, da sich jeder schon mal geirrt hat. Irgendwann erkennen Sie, dass Sie sich getäuscht haben.
„Teile“ der Psyche, die bei einem psychopathologischen Befund beschrieben werden
Formales Denken, damit ist der Denkablauf, der Gedankengang gemeint. Also z.B. die Denkgeschwindigkeit – angemessen, zu langsam oder zu schnell. Oder denke ich unzusammenhängend oder in ersichtlicher Reihenfolge… Der Inhalt des Denkens wird hier nicht betrachtet.
Denkbeschleunigung oder Ideenflucht
Ein Gedanke jagt den anderen. Der Mensch kommt vom „Hundertsten ins Tausendste“, vom „Hölzchen aufs Stöckchen“. Äußerlich zeigt der Mensch ein schnelles Sprechen und Endlossprechen (= Logorrhoe), er hört nicht auf zu sprechen und springt von einem Thema zum anderen (unfokussiertes Denken). Ein roter Faden ist aber noch erkennbar.
Denkverlangsamung oder Denkhemmung
Ist das Gegenteil von Denkbeschleunigung. Der Mensch denkt langsam, was sich in zögerlichem langsamen Sprechtempo äußert. Er erlebt sich selber als ideenarm. Aber er kann inhaltlich richtig auf Fragen reagieren, eben halt sehr langsam, oft auch nach längerer Pause.
Denkzerfahrenheit
Völlig zusammenhangloses und zerrissenes (inkohärentes) Denken und Sprechen. Im Extremfall „Wortsalat“.
Gedankenabreißen oder Gedankensperre
Plötzliches Abbrechen eines bis dahin flüssigen Gedankenganges ohne erkennbaren Grund.
Zum Beispiel spricht jemand über seine Kindheit. Plötzlich macht er eine Pause und fährt dann mit der Schilderung eines Buches fort.
Oft wird das Gedankenabreißen als Folge eines Gedankenentzugs beschrieben: Ein Mensch sagt, der Gedanke sei plötzlich weg, jemand habe ihn weggenommen. Die formale Denkstörung wird also von ihm als Störung des Ich-Erlebens wahrgenommen.
Begriffszerfall
Die Bedeutung der verschiedenen Wörter werden nicht mehr scharf gegeneinander abgegrenzt. Begriffe der allgemeinen Sprache haben nicht mehr ihre ursprüngliche – für alle verständliche – Bedeutung. Kann einen einzelnen Begriff betreffen oder auch so viele, dass eine Verständigung selbst über Alltagsdinge nicht mehr möglich ist.
Neologismen
Manchmal bilden Menschen durch Verknüpfung von Begriffen ganz neue Wörter. Es entstehen sehr kreative Wortneuschöpfungen.
„Teile“ der Psyche, die bei einem psychopathologischen Befund beschrieben werden
Auffälligkeiten des Bewusstseins
Qualitative Bewusstseinsstörungen sind schwieriger zu verstehen als die quantitativen. Sie sind komplexer und vielseitiger. Die Bewusstseinsinhalte sind verändert. Dazu kommen auch häufig quantitative Bewusstseinsstörungen.
Die Wahrnehmung erscheint lebhafter und man nimmt ganz andere Dinge als sonst wahr. Der Mensch erscheint ekstatisch („entrückt“), schildert umfassende Erkenntnisse und Einsichten.
Vorkommen:
Unter halluzinogenen Drogen oder Psychostimulantien
Evt. in einer Manie und
Zu Beginn einer Schizophrenie
Bewusstseinseinengung
Vorkommen:
Diese kennen viele „normale“ Menschen, wenn sie sehr stark konzentriert sind und ihre Aufmerksamkeit sehr eingeengt ist. Sie nehmen dann nur bestimmte, für sie interessante, Dinge wahr. Alles andere wird ausgeblendet.
Und beim autogenen Training wird dies ganz bewusst trainiert.
Oder in therapeutischer Hypnose bewusst hervorgerufen.
Dämmerzustände sind pathologische
Bewusstseinseinengungen, die oft plötzlich eintreten und ebenso abrupt aufhören.
Charakteristisch ist eine starke Einengung auf ein bestimmtes inneres Erlebniselement oder einen entsprechenden Erlebnisbereich und eine nachfolgende Erinnerungslosigkeit (Amnesie).
Das Verhalten kann formal geordnet sein (geordneter Dämmerzustand). Die Umwelt bekommt davon oft gar nichts mit.
Oder das Verhalten ist schwerwiegend gestört bis hin zu einem plötzlich einsetzenden Erregungszustand gegenüber der Umwelt und dem eigenen Körper mit Fremd- und Selbstbeschädigungen (ungeordneter Dämmerzustand).
Auch Schlafwandeln gilt als Dämmerzustand. Ich würde es aber nicht als krankhaft bezeichnen.
Delirium tremens
Wird oft in Psychiatriebüchern als eigenständiges Krankheitsbild abgehandelt, weniger unter qualitativen Bewusstseinsstörungen aufgeführt. In diesem Zusammenhang wird dann dieser Zustand als Verwirrtheit und Bewusstseinseintrübung bezeichnet.
Symptome:
Mangelnde Klarheit des Erlebens
Gesteigerte psychomotorische Aktivität
Teilweise oder vollständige Desorientierung
Unzusammenhängendes Denken
Illusionäre Verkennungen und Halluzinationen
Oft sind optische Halluzinationen suggerierbar (dem Patienten „einzureden“).
Häufig vegetative Begleiterscheinungen
Schwitzen
Tachycardie
Zittern
Temperaturerhöhung
Austrocknung….
Delirien entstehen nicht plötzlich – wie beim Dämmerzustand – , sondern haben ein leichtes Anfangsstadium, was allmählich immer schlimmer wird.
Auch hier besteht hinterher eine Amnesie, wobei oft „Erinnnerungsinseln“ übrig bleiben.
Vorkommen:
Alkoholentzug bei Alkoholismus
Medikamentenentzug bei körperlich abhängig machenden Medikamenten
Komplikationen bei verschiedensten Medikamenten wie Atropin, Antiparkinsonmitteln, Antidepressiva…
Fliegenpilzvergiftung
Stoffwechselentgleisungen
Als akute organische Psychose bei alten Menschen mit cerebralen Durchblutungsstörungen, Flüssigkeitsmangel und Fieber.
Oneiroides Bewusstsein
Symptome:
Traumhafte Veränderung des Erlebens
Erhaltene Wachheit
Formal geordnetes Denken
Sinnvolles geordnetes Handeln.
Es ist ein Zustand, der vom Betroffenen nach Abklingen als „wie im Traum“, „so unwirklich“ bezeichnet wird, obgleich volle Erinnerung besteht.