I

 

I

  • Ich-Erleben
    Das Ich ist der Teil der Psyche, der dem Menschen Sicherheit über seine Individualität und Persönlichkeit gibt. Dazu gehört, dass eigene psychische Vorgänge (z.B. Gefühle, Gedanken) auch als eigen oder „meinhaftig“ erkannt werden. Bei einigen psychischen Erkrankungen, besonders bei Schizophrenien, kommt es zu einer Störung der „Ich-Grenzen“ und dadurch zu Unsicherheiten: denke ich oder denkt ein anderer in mir?

 

  • Ich-Störungen (= Störungen des Ich-Erlebens)
    Gestörtes Erleben der eigenen Persönlichkeit (des „Ichs“) mit Störung der Abgrenzung zwischen eigener Person und Umwelt.
    Die Auflösung der eigenen Ich-Grenzen bereitet erhebliche Angst. Es besteht die Gefahr, diese Angst durch ungeschickten Umgang weiter zu verstärken. Man muss die Versuche des Betroffenen, sich z.B. durch Rückzug vor zu großer Nähe zu schützen, akzeptieren.

    • Derealisation
      Die Umgebung scheint dem Betroffenen verändert, unwirklich, fremdartig und unvertraut.
    • Depersonalisation
      Die eigene Person kommt dem Betroffenen verändert, unwirklich oder fremd vor. Er steht sich selbst fremd gegenüber („Ich bin ein Roboter geworden“, „Ich lebe nicht mehr“).
    • Ich-Störungen mit dem „Gefühl des Gemachten“
      • Gedankenausbreitung
        Der Betroffene hat den Eindruck, dass seine Gedanken von anderen gelesen würden, dass andere wüßten, was er denkt. (Man macht also von außen etwas mit seinen Gedanken.)
      • Gedankenentzug
        Der Betroffene klagt, dass andere ihm seine Gedanken wegnehmen würden.
      • Gedankeneingebung
        Der Betroffene meint, dass andere seine Gedanken von außen beeinflussen und steuern.
      • andere Fremdbeeinflussungserlebnisse – z.B. Willensbeeinflussung
        Hier erlebt der Betroffene seine Handlungen und sein Wollen als von außen beeinflusst. Beispielsweise sagt er, er wolle nicht schreien, aber es schreie aus ihm heraus, und das liege an den Strahlen, die andere ihm senden (man macht also von außen etwas mit seinem Willen).

 

illusionäre Verkennungen

Sind Sinnestäuschungen (=Wahrnehmungsstörungen) Sind dadurch gekennzeichnet, dass etwas real Vorhandenes für etwas anderes gehalten wird. Ein typisches Beispiel sind Bäume im Nebel, die als gefährliche Monster gesehen werden.

 
infantile Zerebralparese (ICP)
Andere Bezeichnungen sind angeborene Kinderlähmung, zentrale Koordinationsstörung (ZKS), Little-Syndrom.
Störungen der Körperhaltung und Fortbewegung, die auf eine Schädigung des Zentralnervensystems während der prä-, peri- oder frühpostnatalen Entwicklungsperiode zurückzuführen sind.
Häufige Ursachen: Unreife (Frühgeborenes), Sauerstoffmangel, Hirnblutung und Hirnentzündung.
Symptome: Die Bewegungsstörungen können als spastische Lähmung (ca. 75%), Dyskinesie (ca. 15%, unwillkütliche Bewegungsstörungen durch Schädigung des Extrapyramidalen Systems) oder Ataxie (ca. 10%, Koordinationsstörungen, Schädigung des Kleinhirns) auftreten. Häufig Mischformen mit unterschiedlichen Anteilen der o.g. Symptome. Mindestens 50% aller Kinder mit ICP haben zusätzlich krankhafte Abweichungen, wie Störungen der Wahrnehmung, der Intelligenz und/oder des Verhaltens. Bei ca. 15% dieser Kinder besteht eine Epilepsie.
Therapie: Frühzeitige und konsequente Fördertherapie, Physiotherapie nach Vojta und Bobath (Bahnung physiologischer Reflexe, Hemmung pathologischer Tonusverteilungen und Bewegungen, Rückbildung von primitiven und Haltungsreflexen), Logopädische Behandlung, symptomatische antiepileptische Behandlung, Spasmolytika, Versorgung mit Hörgeräten und orthopädischen Hilfsmitteln. evt. operativ-orthopädische Behandlung.

H

 

Hbunt

  • Halluzinationen
    Sind Sinnestäuschungen (=Wahrnehmungsstörungen).
    Den Sinneseindrücken, die der Mensch wahrnimmt, liegt keinerlei reales Objekt zugrunde. Der Betroffene ist von der Wirklichkeit der Wahrnehmung unkorrigierbar überzeugt.

    • optische Halluzinationen
      Es werden Personen, Gegenstände, Bilder, seltsame Tiere gesehen. Dies können stillstehen. Oder – seltener – die Betroffenen erleben als Zuschauer oder Mitakteure einen filmischen szenenhaften Ablauf. Akustische Halluzinationen können hinzukommen.
      Manche Betroffene haben aber auch Pseudohalluzinationen. Das sind Sinnestäuschungen ohne Wirklichkeitsgewißheit – z.B. Hände, ein Gesicht, ein Totenkopf tauchen auf. Der Patient spricht selbst von „Bildern“, der Trugcharakter wird sogleich erkannt.
    • akustische Halluzinationen
      Diese kommen sehr häufig vor. Es sind meisten Stimmen, die sich dem Menschen aufdrängen und seine Gedankengänge durchbrechen – einfach „dazwischen reden“. Sie können sehr aufdringlich und lästig werden. Aber es können auch Geräusche sein – Knallen, Rauschen, Pferdewiehern…
      Von den Stimmen gibt es solche, die alles, was der Betroffenen macht kommentieren – kommentierende Stimmen.
      Oder es gibt Stimmen, die sich über den Menschen unterhalten – dialogisierende Stimmen.
      Oder es gibt Stimmen, die dem Menschen Befehle erteilen (imperative Stimmen). Es handelt sich oft um gleichgültige Anordnungen (z.B. einen Stuhl ans Fenster rücken), gelegentlich auch um wichtige Forderungen (z.B. einen anderen Menschen oder sich selbst zu töten). Manche Kranke führen ohne Gegenwehr die halluzinierten Befehle aus, andere verhalten sich entgegen den ständig wiederholten imperativen Forderungen besonnen.
      Der Betroffene kann auch Stimmen halluzinieren, die seine Gedanken aussprechen (halluzinatorisches Gedankenlautwerden).
    • Geruchshalluzinationen
      Ist der Geruchssinn in die Halluzinationen mit einbezogen, berichten die Patienten von bitter schmeckendem oder nach Kot riechendem Essen. Oder sie riechen Gas.
    • Geschmackshalluzinationen
      Es handelt sich meist um unangenehme Geschmacksempfindungen (bitteres Essen z.B.), selten um angenehmen Geschmack. Lassen sich oft schwer von Geruchshalluzinationen abgrenzen, da sie häufig zusammen auftreten.
    • Körperhalluzinationen
      Diese können auftreten als abnorme Leibgefühle (Coenästhesien). Das sind eigentümliche im Körper empfundene Gefühle. Z.B. Erlebnisse des Nichtvorhandenseins von Organen oder Extremitäten oder das Gefühl, „elektrisiert“ zu sein oder Hitze-und Kältesensationen. Auch werden Bewegungs-, Zug- und Druckempfindungen im Körperinneren und an der Körperoberfläche oder Brennen, Kribbeln und Schrumpfen der Gliedmaße beschrieben.
      Andere Körperhalluzinationen werden als „von außen gemacht“ empfunden – die Körpersensationen werden also auf Außeneinfluß, auf andere Menschen, fremde Mächte und Kräfte zurückgeführt (Leibhalluzinationen oder leibliche Beeinflussungserlebnisse). Der Mensch ist davon unkorrigierbar überzeugt. Sie erzählen etwa, man würde sie bestrahlen oder mit Nadeln durchbohren. Diese Halluzinationen sind auch oft sexueller Natur. So sind z.B. manche Schizophrene überzeugt, daß eine sexuelle Erregung durch heimliche, nächtliche Vergewaltigungen hervorgerufen werde.

 

  • Hirnödem
    Durch verschiedene Einwirkungen bedingte Flüssigkeitseinlagerung und -umlagerung im Gehirn. Die Flüssigkeitsansammlung erfolgt in der Rinde vorwiegend intrazellulär (innerhalb der Zellen) in den Fortsätzen der Astrozyten (sternförmige Zellart der Neuroglia, ein spezifisches Stützgewebe), früher auch als Hirnschwellung bezeichnet. Im Mark kann auch eine extrazelluläre (außerhalb der Zellen) Flüssigkeitsvermehrung stattfinden. Das Gehirn erscheint makroskopisch blass, die Windungen sind flach, die Furchungen sind verstrichen. Der Hirndruck steigt, was häufig lebensbedrohlich ist. Ursachen können sein: Hirntumoren, Schädelhirntraumata, Hirnentzündungen, …

 

  • hochfunktionaler Autismus (High-Functioning-Autismus)
    Hochfunktionaler Autismus ist keine offizielle Diagnose. Im ICD-10 und im DSM-IV taucht sie nicht auf. Der Begriff wird meist verwendet, wenn jemand die Kriterien für eine Autismus-Diagnose erfüllt, aber “hochfunktionale”, intelligente Verhaltensweisen zeigt. Das kann, je nach Alter der Personen, heißen, dass sie lautsprachlich, schriftlich oder durch Gebärden kommunizieren, lesen, schreiben und rechnen können, alltagspraktische Dinge erledigen können, aber keinen Blickkontakt halten, nicht an Gesprächen teilnehmen, keine nonverbalen Hinweise verstehen usw. Diagnostiziert wird Autismus, der Zusatz “high-functioning” bzw. “hochfunktional” ist eine inoffizielle nähere Beschreibung.
    Bei High-Functioning-Autismus ist die allgemeine Sprachentwicklung verzögert, während dies beim Asperger-Syndrom laut Diagnosekriterien nicht der Fall ist. Viele Forscher finden es nicht sinnvoll oder möglich, zwischen High-Functioning-Autismus und Asperger-Syndrom zu unterscheiden. Sowohl beim Asperger-Syndrom als auch bei High-Functioning-Autismus ist die Intelligenz durchschnittlich oder überdurchschnittlich. Die Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion, der sozialen Kommunikation und im sozialen Verständnis existieren beim Asperger-Syndrom wie auch bei hochfunktionalem Autismus.

G

 

Gbunt

  • Gedächtnisstörung
    Beeinträchtigung der Fähigkeit, sich Wahrnehmungen und Empfindungen zu merken und sich später daran zu erinnern. Unser Gedächtnis besteht aus zwei Komponenten: der Fähigkeit, Wahrnehmungen und Empfindungen zu speichern (Merkfähigkeit) und der Fähigkeit, diese wieder zurückzurufen (Erinnerung). Im praktischen Alltag sind diese beiden Komponenten aber nicht voneinander zu trennen.

    • Merkfähigkeitsstörungen: Der Betroffene hat Neues bereits nach wenigen Minuten wieder vergessen.
      Störungen des Kurzeitgedächtnisses: Der Betroffene kann Neues nur für einige Minuten bis Stunden behalten.
    • Störungen des Langzeitgedächtnisses: Der Betroffene kann sich an Ereignisse, die Monate bis Jahre zurückliegen, nicht mehr erinnern.
    • Amnesien (gr. a = nicht, mnesis = das Erinnern): Als Amnesien werden zeitlich oder inhaltlich begrenzte Gedächtnislücken bezeichnet. Typisches Beispiel einer zeitlich begrenzten Amnesie ist die Erinnerungslücke für die Zeit direkt vor einer Gehirnerschütterung.
    • Konfabulation (lat. confabulare = reden, plaudern): sind Pseudoerinnerungen (scheinbare Erinnerungen). Der Betroffene füllt eine Erinnerungslücke mit einem spontanen Einfall aus und hält diesen für eine echte Erinnerung.

 

  • Gedankenabreißen (Gedankensperre)
    Gehört zu den formalen Denkstörungen.
    Plötzliches Abbrechen eines bis dahin flüssigen Gedankenganges ohne erkennbaren Grund.

 

  • Glasgow-Koma-Skala
    Die Glasgow-Koma-Skala bietet eine Möglichkeit, den Schweregrad einer quantitativen Bewusstseinsstörung festzustellen. Es werden sprachliche und motorische Reaktionen sowie Augenöffnung des Patienten mit Punkten bewertet. Der Schweregrad der Bewusstseinsstörung ergibt sich aus der Summe aller Punkte (Coma-Score).

F

F

  • Fragiles-X-Syndrom
    Andere Bezeichnungen sind Marker-X-Syndrom und Martin-Bell-Syndrom.
    Es ist eine überwiegend beim männl. Geschlecht vorkommende Erbkrankheit mit auffälliger Gesicht (langes ovales Gesicht, große prominente Ohren, auffällige Gebissstellung), Hodenvergrößerung, Hyperaktivität u. Verzögerung der motor. u. geistigen Entw. unterschiedl. Ausmaßes (Sprachentwicklungsstörungen, Aggressivität, Autismus) sowie Epilepsie.
    Häufigkeit 1 : 2000 männl. Neugeborene.
    Gesunde Männer mit fragilem X-Chromosom übertragen das Gen ohne Krankheitsrisiko an ihre Kinder. Töchter werden aber Risikoüberträgerinnen. Frauen mit einer Prämutation sind immer symptomfrei, mit einer Vollmutation können sie unterschiedl. Intelligenzminderungen aufweisen.
    Ursache: Mutation unterschiedlichen Ausmaßes (Prämutation bis Vollmutation) eines Genes (im FMR1-Gen am Genlokus Xq27.3) im langen Arm des X-Chromosoms.
    Diagnose: Gendiagnostik mit Nachweis der brüchigen Stelle am X-Chromosom. Pränataldiagnostik durch Fruchtwasseruntersuchung.
    Therapie: symptomatisch.

 

  • Frühkindlicher Autismus
    Siehe „Autismus, frühkindlicher“

 

  • Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
    Ist eine Infektion der Hirnhäute und des Gehirns. Die FSME-Viren werden durch Zeckenbiss übertragen. Der typische Krankheitsverlauf ist zweiphasig. Etwa eine Woche nach dem Zeckenbiss beginnt die Krankheit mit grippeähnlichen Symptomen. Nach mehrtägiger Beschwerdefreiheit folgen die Symptome der ZNS-Beteiligung. In der Mehrzahl der Fälle entwickelt sich eine Meningoenzephalitis mit relativ guter Prognose. Die seltenere Meningomyelitis (Entzündung des Rückenmarks und seiner Häute) mit Lähmungen hat eine Sterblichkeit von bis zu 20%. In Deutschland ist die Gesamtsterblichkeit mit etwa 3% vergleichsweise gering. Eine aktive Impfung ist möglich, allerdings ist sie nur bei erhöhter Gefährdung angezeigt, z.B. bei Förstern und Waldarbeitern oder bei Fahrten in Durchseuchungsgebiete. Nach Zeckenbiss in einem Endemiegebiet ist innerhalb der ersten 96 Stunden (4 Tage) auch eine passive Impfung erfolgreich.

D

 

D

  • Dämmerzustände
    Dämmerzustände sind Bewusstseinseinengungen, die oft plötzlich eintreten und ebenso abrupt aufhören. Charakteristisch ist eine starke Einengung auf ein bestimmtes inneres Erlebniselement oder einen entsprechenden Erlebnisbereich und eine nachfolgende Erinnerungslosigkeit (Amnesie). Das Verhalten kann formal geordnet sein (geordneter Dämmerzustand) oder schwerwiegend gestört bis hin zu raptusartigem Verhalten gegenüber der Umwelt und dem eigenen Körper mit Fremd- und Selbstbeschädigungen.

 

  • Delirium tremens
    Wird oft in Psychiatriebüchern als exogene Psychose abgehandelt, weniger unter qualitativen Bewusstseinsstörungen aufgeführt. In diesem Zusammenhang wird dann dieser Zustand als Verwirrtheit und Bewusstseinseintrübung bezeichnet. Es ist ein Zustand mit mangelnder Klarheit des Erlebens und gesteigerter psychomotorischer Aktivität, teilweise oder vollständige Desorientierung und unzusammenhängendem Denken (Verwirrtheit), illusionären Verkennungen und Halluzinationen. Oft sind optische Halluzinationen suggerierbar (dem Patienten „einzureden“). Häufig vegetative Begleiterscheinungen (Schwitzen, Tachycardie, Zittern, Temperaturerhöhung, Austrocknung…). Delirien entstehen nicht plötzlich – wie beim Dämmerzustand – ,sondern haben ein leichtes Anfangsstadium, was allmählich immer schlimmer wird. Auch hier besteht hinterher eine Amnesie, wobei oft „Erinnnerungsinseln“ übrig bleiben.
    Vorkommen:
    – Alkoholentzug bei Alkoholismus
    – Medikamentenentzug bei körperlich abhängig machenden Medikamenten
    – Komplikationen bei verschiedensten Medikamenten wie Atropin, Antiparkinsonmitteln, Antidepressiva…
    – Fliegenpilzvergiftung
    – Stoffwechselentgleisungen
    – als akute organische Psychose bei alten Menschen mit cerebralen Durchblutungsstörungen, Flüssigkeitsmangel und Fieber.

 

  • Demenz
    Demenz entsteht durch Abbau von Gehirnsubstanz aus unterschiedlichen Ursachen. Dadurch gehen alle erlernten geistigen und praktischen Fähigkeiten und ein bestimmtes Persönlichkeitsniveau verloren. Es ist häufig ein chronisch fortschreitender, irreversibler Prozeß.
    Demenzformen sind u.a. Alzheimer-Demenz, Picksche Krankheit, Multiinfarkt-Demenz, Alkohol-Demenz.

 

  • Denken, formales
    Damit ist der Denkablauf, der Gedankengang gemeint. Also z.B. die Denkgeschwindigkeit – angemessen, zu langsam oder zu schnell. Oder denke ich unzusammenhängend oder in ersichtlicher Reihenfolge…

 

  • Denkstörungen, formale
    Sind Störungen des Gedankenganges.

    • Denkzerfahrenheit
      Völlig zusammenhangloses und zerrissenes (inkohärentes) Denken und Sprechen. Im Extremfall „Wortsalat“.
    • Gedankenabreißen (oder Gedankensperre)
      Plötzliches Abbrechen eines bis dahin flüssigen Gedankenganges ohne erkennbaren Grund.
      Oft wird das Gedankenabreißen als Folge eines Gedankenentzugs beschrieben: Der Patient sagt, der Gedanke sei plötzlich weg, jemand habe ihn weggenommen. Die formale Denkstörung wird also vom Patienten als Störung des Ich-Erlebens wahrgenommen.
    • Begriffszerfall
      Die Bedeutung der verschiedenen Wörter werden nicht mehr scharf gegeneinander abgegrenzt. Begriffe der allgemeinen Sprache haben nicht mehr ihre ursprüngliche – für alle verständliche – Bedeutung. Kann einen einzelnen Begriff betreffen oder auch so viele, daß eine Verständigung selbst über Alltagsdinge nicht mehr möglich ist.
    • Neologismen
      Manchmal bilden die Patienten durch Verknüpfung von Begriffen ganz neue Wörter.
      Ein Patient ist z.B. mit seinen Turnschuhen gelaufen und erzählt später, er habe „gelaufsohlt“.

 

  • Differentialdiagnose
    Jede, bei der Diagnosestellung zu berücksichtigende Diagnose, die aufgrund der erfassten Untersuchungsergebnisse in Frage kommt (Zetkin et al.).Es werden also alle Krankheiten berücksichtigt, die ähnliche Symptome wie die vermutete Krankheit haben. Im Laufe der Diagnotik werden diese Krankheiten ausgeschlossen oder es bestätigt sich eine andere Krankheit als die vermutete.Differentialdiagnosen auszuschließen ist wichtig, da die Therapien häufig sehr unterschiedlich sind.

 

  • Differentialdiagnostik
    alle diagnostischen Maßnahmen, Strategien u. Verfahren, die zur ärztl. Untersuchung bei einer Gesundheitsstörung bzw. Beratungsursache angewandt werden; insbes. Befragung (Anamnese), körperliche, ggf. apparative u. Laboruntersuchungen. Es sollen Differentialdiagnosen ausgeschlossen oder bestätigt werden. Das ist wichtig, um die richtige spezielle Therapie anzuwenden.

 

  • Dyskinetische Syndrome
    Als dyskinetische Syndrome werden Syndrome mit einer Störung des normalen Bewegungsablaufs (Kinese = Bewegung) bezeichnet. In der Literatur werden damit häufig Spätdyskinesien nach Gabe von hochpotenten Neuroleptika (Antipsychotika) gemeint. Man sagt dazu auch tardive (= verzögert, spät) Dyskenisien, weil die Bewegungsstörungen erst auftreten nach langjähriger Neuroleptikagabe. Es sind Bewegungsstörungen des Extrapyramidalen Systems, wie Mümmeln, Grimmassieren, Schmatzen, aber auch choreatische (schleudernde Bewegungen der Extremitäten) und athetotische (schraubende Bewegungen in den Gelenken vor allem der Hände, Arme, des Halses, des Oberkörpers mit extremer Überstreckung der Extremitäten) der Bewegungen.

C

C2

  • Computertomographie (CT) (gr. Schnittbild)
    Röntgenverfahren zur Erstellung von Schichtaufnahmen des Körpers mithilfe eines Computers, der die Querschnittbilder errechnet.
    craniale CT (lat. cranium = menschlicher Schädel)
    CT von Gehirn und Schädel.
    Ende der 60er Jahre wurde die Computertomographie u.a. von dem englischen Physiker Hounsfield entwickelt. Es werden hierbei Röntgenstrahlen verwendet. Allerdings ist die Röntgenbelastung wesentlich geringer als bei den herkömmlichen Röntgenaufnahmen.
    Um den Klienten herum dreht sich eine Röntgenröhre. Diese wird von außen durch einen Detektorring begrenzt. Der Detektor ist ein Gerät, was die verbliebene Strahlung wieder aufnimmt und die Strahlenintensität misst.
    Die Röntgenstrahlung geht also durch den Körper – hier im speziellen Fall durch den Schädel = cranium – durch. Und die Reststrahlung, die wieder herauskommt, wird gemessen. Die Zahlenwerte werden in einen Computer gegeben. Dieser rechnet dann alle Zahlenwerte in ein zweidimensionales Bild um.
    Die scheibchenförmigen Schnitte vom Schädel sind also keine herkömmlichen Röntgenbilder, sondern rein errechnete Bilder.

B

B2

  • Babinski-Reflex
    Der Babinski-Reflex ist ein pathologischer Fremdreflex, der auf eine Schädigung der Pyramidenbahn hinweist. Beim Bestreichen des äußeren Fußsohlenrandes biegt sich die Großzehe beim gesunden Menschen leicht nach unten. Beim Vorliegen einer Pyramidenbahnverletzung biegt sich die große Zehe nach oben. Die Pyramidenbahn (= 1. motorisches Neuron oder 1. Motoneuron) ist eine wichtige Leitungsbahn des menschlichen Zentralnervensystems. Sie führt von der Großhirnrinde zu den Vorderhornzellen des Rückenmarks. Ermöglicht die Bewegung durch die Muskeln (vor allem die willentliche Bewegung). Benannt ist der Babinski-Reflex nach dem Entdecker, dem französischen Neurologen Joseph François Félix Francois Babinski (1857-1932). Andere Bezeichnungen sind Großzehenreflex oder Zehenreflex.

 

  • Basale Stimulation
    Der Sonderpädagoge Andreas Fröhlich entwickelte seit den Siebzigerjahren das Konzept der Basalen Stimulation zur Förderung schwerst behinderter Kinder. Die Diplompädagogin und Krankenschwester Christel Bienstein übertrug dieses Konzept auf die Pflege stark wahrnehmungsgestörter Menschen. Alltägliche pflegerische Handlungen wie Körperpflege, Ernährung und Mobilisation werden zu therapeutischen Möglichkeiten für den pflegebedürftigen Menschen, sich in seiner Umwelt zu orientieren, Kontakt aufzunehmen, selbst mitzubestimmen und aktiv zu werden. Wir begeben uns auf die Wahrnehmungs- und Erlebensebene dieser Menschen und orientieren uns an deren Ressourcen. Untersuchungen zeigen, dass diese Pflegemethode eine Stabilisierung der emotionalen Befindlichkeit und eine verbesserte Koordination und Wachheit bewirkt…. (Altenpflege 4/2001)

 

  • Begriffszerfall
    Gehört zu den formalen Denkstörungen.
    Die Bedeutung der verschiedenen Wörter werden nicht mehr scharf gegeneinander abgegrenzt. Begriffe der allgemeinen Sprache haben nicht mehr ihre ursprüngliche – für alle verständliche – Bedeutung. Kann einen einzelnen Begriff betreffen oder auch so viele, daß eine Verständigung selbst über Alltagsdinge nicht mehr möglich ist.

 

  • Bewusstsein
    In der traditionellen Psychiatrie bedeutet es einen eigentümlichen Grad von Helligkeit, Klarheit, Fülle, Beweglichkeit, Ablauftempo und Rangordnung des inneren Erlebens und der psychischen Funktionen.
    Eine kurze und knappe Beschreibung ist folgende (aus Vieten et al.):
    Bewusstsein ist die Gesamtheit aller psychischen Vorgänge (Gedanken, Gefühle, Wahrnehmungen), verbunden mit dem Wissen um das eigene „Ich“ und die Subjektivität dieser Vorgänge.
    Praktisch psychiatrisch sind vor allem die pathologischen Veränderungen des Bewusstseins wichtig. Unterschieden werden vor allem Veränderungen der Bewusstseinshelligkeit – quantitative Bewusstseinsstörungen, wobei verschiedene Bewusstseinsgrade angenommen werden – und Veränderung der Bewusstseinsinhalte (qualitative Bewusstseinsstörungen). Diese Einzschätzung erfolgt auf Grund der Beobachtung des gesamten Verhaltens des Patienten.

 

  • Bewusstseinseinengung
    • ist eine qualitative Bewusstseinsstörung. Sie ist, abgesehen von der bei starker Konzentration auftretenden normalen Einengung der Aufmerksamkeit, in krankhaften Fällen durch ein meist psychotisches Verhaftetsein in bestimmten Gedankengängen bzw. krankhaften Denkschablonen charakterisiert, durch eine Einengung des Bewusstseinsfeldes. Die Bewusstseinsinhalte sind also reduziert, d.h. es erscheint nur noch ein kleiner Ausschnitt des Gesamterlebens im Bewusstsein.
      Bewusstseinseinengungen starken Ausmaßes werden therapeutisch im hypnotischen Zustand erzeugt.
      Dämmerzustände sind Bewusstseinseinengungen, die oft plötzlich eintreten und ebenso abrupt aufhören. Charakteristisch ist eine starke Einengung auf ein bestimmtes inneres Erlebniselement oder einen entsprechenden Erlebnisbereich und eine nachfolgende Erinnerungslosigkeit (Amnesie). Das Verhalten kann formal geordnet sein (geordneter Dämmerzustand) oder schwerwiegend gestört bis hin zu raptusartigem Verhalten gegenüber der Umwelt und dem eigenen Körper mit Fremd- und Selbstbeschädigungen.

 

  •  Bewusstseinsstörungen, quantitative
    Werden auch als Vigilanzstörungen oder Veränderung der Wachheit bezeichnet.
    – Benommenheit
    Leichte Minderung der Wachheit, die sich oft nur in einer leichten Verlangsamung des Denkablaufes und einer etwas erschwerten Auffassung äußert, die ihrer Art nach auch noch zur individuellen Spielbreite gehören könnte. Die Diagnose wird oft nur durch den Vergleich mit dem Zustand vorher oder nachher ermöglicht. Oft synonym mit Somnolenz, wobei hier korrekterweise eine schwere Benommenheit eigentlich gemeint ist.
    – Somnolenz
    Schwere Benommenheit.
    Symptome:
    – Herabsetzung der Aufmerksamkeit
    – Erschwerung der Auffassung
    – Erschwerung der Orientierung in Raum und Zeit
    – Verlangsamung der Denkvorgänge
    – Schwerbesinnlichkeit.
    Die Somnolenz hinterläßt nach Abklingen eine weitgehende, aber meist nicht vollständige Erinnerungslücke.
    Vorkommen:
    – bei akuten exogenen Psychosen (z.B. Vergiftungen, leichtes Schädel-Hirn-Trauma, vorübergehende cerebrale Durchblutungsstörungen…)
    – Sopor
    Schlafartiger Zustand, aus dem der Patient nur durch stärkere Reize partiell und vorübergehend, jedoch nur bis zum Stadium der Benommenheit „erweckbar“ ist.
    – Koma
    Schwerste Form der quantitativen Bewusstseinsstörung mit tiefer Bewusstlosigkeit. Der Patient kann auch bei Anwendung starker Schmerzreize nicht erweckt werden. Er reagiert allenfalls mit unkoordinierten Abwehrbewegungen.
    Das Koma, gleich welcher Ursache, ist immer ein ernster, oft lebensbedrohlicher Zustand. Entscheidend für den klinischen Verlauf eines mit Koma einhergehenden Krankheitsprozesses ist die Beurteilung der Komatiefe und die Einschätzung der Entwicklungsrichtung des Koma (üblich ist die Einschätzung durch die sog. Glasgow Coma Scale, siehe dort im Lexikon).
    Ursachen:
    – organische Hirnerkrankungen (z.B. Schädel-Hirn-Traumen, Schlaganfälle…)
    – schwere Stoffwechselstörungen (Coma basedowicum, diabeticum, hepaticum, hypoglycaemicum, uraemicum)
    – präfinales Stadium (Stadium vor dem Tod) schwerer Allgemeinerkrankungen.
    – Wachkoma oder – apallisches Syndrom oder – Coma vigile
    Der Patient erscheint, obzwar stumm und reglos, wach: Der Blick starrt geradeaus oder wandert umher, fixiert nicht. Weder verbal noch außersprachlich (Anfassen, Vorhalten von Gegenständen) ist eine Reaktion zu erzielen. Auch die reflektorischen Flucht- und Abwehrbewegungen können fehlen. Verharren in Zufallsstellungen (Fehlen der Korrekturbewegung). Vegetative Elementarfunktionen (Herzrhythmus, Atmung, Schlaf-Wach-Wechsel) erhalten.
    Das Syndrom ist abzugrenzen gegenüber dem Koma und gegenüber dem katatonen Stupor. Dazu ist außer dem psychopathologischen und neurologischen Befund das EEG wichtig.
    Vorkommen:
    – schwerste Schädigung und Funktionsausfall des Großhirnmantels (Pallidum) z.B. durch Schädel-Hirn-Trauma, Gehirnblutung, Enzephalitis…

 

  • Bewusstseinsstörungen, qualitative
    Gegenüber den quantitativen, aus einer Veränderung der Wachheit leicht verstehbaren Störungen des Bewusstseinszustandes, stellen qualitative Bewusstseinsstörungen schwerer verständliche Phänomene dar. Offentsichtlich ist das dadurch bedingt, daß sie komplexer sind und nur mit beschreibenden Methoden einer Ordnung zugänglich werden. Sie sind stets mit dem Bewusstseinszustand zugehörenden anderen psychologischen Erscheinungen verbunden und verweisen mehr als die quantitativen Bewusstseinsstörungen auf die in der Wirklichkeit existierende Vielseitigkeit des Psychischen.
    Zumeist sind diese qualitativen Bewusstseinsstörungen mit Verhaltensauffälligkeiten verknüpft, die das Psychopathologische des Phänomens augenscheinlich werden lassen.
    Vereinfacht ausgedrückt, bei den qualitativen Bewusstseinsstörungen sind die Bewusstseininhalte verändert – wobei häufig auch quantitative Veränderungen hinzukommen. Zu erkennen sind sie am Verhalten des Patienten und an seinen Äußerungen.
    Mögliche Veränderungen sind Bewusstseinsverschiebung (Bewusstseinssteigerung bzw. -erweiterung), Bewusstseinseinengung (Dämmerzustand), Delirium (als Bewusstseinstrübung in Vieten et al. bezeichnet) und Oneiroides Bewusstsein (wobei hier die Abgrenzung gegenüber dem Dämmerzustand unscharf ist).
    (Die Begriffe sind einzeln im Lexikon aufgeführt, siehe dort!)

 

  • Bewusstseinsverschiebung (Bewusstseinssteigerung bzw -erweiterung)
    Qualitative Bewusstseinsstörungen. Es sind unscharfe Begriffe, welche die Erfahrung der eigenen Ausdehnung, Existenzerweiterung, hellerer, wacherer Aufnahme der Umwelteindrücke, reicherer Auffassung und Kombinationsfähoigkeit und Erinnerungstätigkeit angeben sollen. Die Wahrnehmung erscheint lebhafter, von stärkerem Gefühlswiderhall begleitet. Das Erleben erscheint neu zentriert, auf andere als die gewohnten Dinge des Alltags.
    Der Mensch erscheint ekstatisch („entrückt“), schildert umfassende Erkenntnisse und Einsichten. Vorkommen:
    – unter halluzinogenen Drogen oder Psychostimulantien
    – evt. in einer Manie und zu Beginn einer Schizophrenie

 

  • Borderline-Persönlichkeitsstörung
    (engl. borderline= Grenzlinie, Grenzgebiet)
    Das sind Menschen, die – nach den inernationalen und amerikanischen Diagnoserichtlinien ICD 10 und DSM IV – an einer Persönlichkeitsstörung leiden, d.h. bestimmte Wesenszüge sind extrem ausgebildet. Sie zeigen eine „stabile Instabilität“: Ein durchgängiges Muster von Instabilität im Bereich der Stimmung, der zwischenmenschlichen Beziehungen und des Selbstbildes. Auffällig werden sie im frühen Erwachsenenalter, und die Störung manifestiert sich in den verschiedensetn Lebensbereichen. Nach dem DSM IV müssen mindestens fünf der folgenden Kriterien erfüllt werden:

1. Ein Muster von instabilen, aber intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen. Zeichnet sich aus durch einen Wechsel zwischen den beiden Extremen der Überidealisierung („Du bist mein Vorbild, Du kannst alles, Du bist der beste und einzigste…) und Abwertung („Du bist schlecht, Du bist wie die anderen, ich hasse Dich…).
2. Impulsivität bei mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Aktivitäten. Z.B. Geldausgeben, Sexualität, Substanzmißbrauch, Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren und Freßanfälle (außer Suizid oder Selbstverstümmelung, siehe dazu 5.).
3. Instabilität im affektiven Bereich. Z.B. ausgeprägte Stimmungsänderungen von der Grundstimmung zu Depression, Reizbarkeit oder Angst. Diese Zustände dauern gewöhnlich einige Stunden oder – in seltenen Fällen – länger als einige Tage an.
4. Übermäßige, starke Wut oder Unfähigkeit, die Wut zu kontrollieren. Z.B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut oder Prügeleien.
5. Wiederholte Suiziddrohungen, -andeutungen oder -versuche oder andere selbstverstümmelnde Verhaltensweisen (siehe Information Psychiatrie ==>Selbstverletzendes Verhalten).
6. Ausgeprägte und andauernde Identitätsstörung, die sich in Form von Unsicherheit in mindestens zwei der folgenden Lebenbereiche manifestiert:
dem Selbstbild, der sexuellen Orientierung, den langfristigen Zielen oder Berufswünschen, in der Art der Freunde oder Partner oder in den persönlichen Wertvorstellungen.
7. Chronisches Gefühl der Leere oder Langeweile.
8. Verzweifeltes Bemühen, ein reales oder imaginäres Alleinsein zu verhindern (außer Suizid oder Selbstverstümmelung, siehe dazu 5.).
Als Ursachen werden die verschiedensten Faktoren diskutiert und vermutet. Eine ganz bestimmte alleinige Ursache gibt es vermutlich nicht.
Die Therapie ist oft sehr langwierig und schwierig. Es werden verschiedene Psychotherapien angewendet: stützende Psychotherapie, psychodynamische Therapien, verhaltentherapeutische Ansätze – alles möglich in Einzel-, Gruppen- oder stationären Therapien. Auch Psychopharmaka haben sich in bestimmten Situationen (bei Depressionen oder aggressiven Ausbrüchen) bewährt.

Sehr erfolgversprechend ist die Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT).

A

A2

  • Abhängigkeit (Sucht)
    Unbeherrschbares Verlangen eines Menschen, sich eine bestimmte Substanz immer wieder zuzuführen oder eine bestimmte Tätigkeit immer wieder auszuführen, obwohl er sich selbst oder anderen dadurch schadet.
    Prinzipiell unterscheidet man Tätigkeits- und Stoffsüchte.
    Als Tätigkeitssüchte bezeichnet man Abhängigkeiten, die nicht an bestimmte Substanzen, sondern an Handlungen gebunden sind. So kennt man z.B. Arbeits-, Kauf-, Fernseh-,Spiel-, Ess- oder Sexsüchte.
    Der Begriff Stoffsucht meint die Abhängigkeit von bestimmten Substanzen, die dem Körper zugeführt werden, den Drogen. Hierunter fallen in erster Linie Sucht erzeugende Medikamente, Rauschmittel und Alkohol. Ihnen gemeinsam ist, dass sie das Bewusstsein oder das Erleben verändern und im weitesten Sinne „angenehme“ Gefühle hervorrufen können. Sie besitzen also ein gewisses Suchtpotential. Stoffe, die o.g. Eigenschaften nicht besitzen (z.B. Neuroleptika), „eignen“ sich nicht als Suchtmittel.
    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 1964 die Formen der Abhängigkeit von stofflichen Drogen in zwei Gruppen eingeteilt.
    Psychisch abhängig machend: Amphetamintyp, Cannabistyp, Halluzinogentyp, Kokaintyp.
    Psychisch und körperlich abhängig machend: Alkohol- und Barbiturattyp (inkl. Nikotin), Morphintyp.
    Das weitaus größere Problem ist meist die psychische Abhängigkeit. Der Süchtige kann dem Drang nach der Droge nicht widerstehen, sein Verlangen nach der Droge ist unbeherrschbar (Zwanghafte Komponente). Ihn interessiert nur noch, wie er an „seine“ Droge kommt. Hat er die Droge endlich beschafft, kann er nicht mehr kontrollieren, wie er sie zu sich nimmt. Z.B. teilt er die Nadel mit anderen, obwohl er die Gefahren kennt. Der Süchtige hat auch nicht mehr im Griff, wie viel er konsumiert. Durch diesen Kontrollverlust ist z.B. die Rückfallgefahr bei trockenen Alkoholikern so groß. Nach einem Glas Bier können sie nicht wieder mit Trinken aufhören.
    Körperliche Abhängigkeit zeigt sich in erster Linie durch Entzugserscheinungen bei Wegfall der Droge (z.B. bei Beschaffungsproblemen oder einem Krankenhausaufenthalt nach einem Unfall). Es kommt zu unangenehmen körperlichen Symptomen wie Schwitzen, Zittern, Darmkrämpfen und epileptischen Anfällen. Die körperliche Abhängigkeit zeigt sich auch daran, daß der Körper den Stoff „braucht“ und immer mehr davon verträgt (die Tolleranzschwelle steigt).

 

  • Affekte
    Hier sind in der Psychiatrie sämtliche Gemütsäußerungen gemeint (z.B. Weinen, Lachen), verbunden mit körperlich-vegetativen Begleiterscheinungen (z.B. bestimmte Mimik, Schwitzen …).

 

  • Affektivität (Emotionalität)
    (lat. affectus = Gemütsstimmung, Empfindung, Leidenschaft)
    Ist die Gesamtheit der Gefühlsregungen, Stimmungen und des Selbstwertgefühls eines Menschen (Vieten M. et al.). Bei der Beurteilung der Affektivität sollte man zwischen Stimmungen und Affekten unterscheiden.

 

  • Affektstörungen 
    • Abschwächung aller Gefühle (Gefühlsverarmung)
      Oft schmerzlich empfundene Gefühlsverarmung bis hin zu einem Gefühl der Empfindungslosigkeit. Die Patienten haben das Gefühl, nichts mehr empfinden zu können und innen leer zu sein.
    • Affektinkontinenz
      Eine Steigerung der Affektlabilität. Die Anlässe, die Gemütsäußerungen hervorrufen können, sind hier noch geringfügiger. Der Patient bricht z.B. sofort in Tränen aus, auch wenn ein Thema erwähnt wird, das emotional wenig oder gar nicht belastend ist. Oft ist gar kein Anlaß zu finden. Es entstehen ganz rasch intensive emotionale Reaktionen (überschießendes Lachen oder Weinen), die eine übermäßige Stärke haben und nicht beherrscht werden können. Die emotionalen Äußerungen klingen meist rasch wieder ab.
      Beispiel:
      Ein senil Dementer, den man nach seinem Namen fragt, fängt bitterlich an zu weinen.
      Vorkommen:
      – bei hirnorganischen Schäden (organisches Psychosyndrom, siehe dort!).
      Affektinkontinenz ist zu unterscheiden vom sog. pathologischen Lachen und Weinen(siehe dort), ältere Bezeichnung Zwangslachen und Zwangsweinen.
    • Affektlabilität
      Die Gefühle und Gefühlsäußerungen wechseln rasch, sobald ein bestimmter kleinerer Außenreiz (z.B. bestimmtes Gesprächsthema, strenger Blick, wehmütiger Film…) kommt. Man spricht auch von einer Vergrößerung der affektiven Ablenkbarkeit. Meistens haben die Affekte nur eine kurze Dauer. Sie wechseln dann sofort, wenn ein anderes Thema angeschnitten wird.
      Beispiel:
      Ein Kranker wird im Gespräch sehr angerührt und wehmütig bewegt, wenn man ihn nach seinem Zuhause und nach seinen Angehörigen, vielleicht nach seinem Hund fragt. Andererseits kann ei in der Erinnerung an Schönes rasch wieder aufblühen und in einen gegenteiligen Affekt geraten.
      Vorkommen:
      – bei hirnorganischen Schäden (organisches Psychosyndrom, siehe dort!)
      – habituell bei psycholabilen Menschen (Jemand ist „nahe am Wasser gebaut.“)
      – bei körperlicher und seelischer Erschöpfung (bei sonst unauffälligen Persönlichkeiten), evt. beim prämenstruellen Syndrom
      – bei emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen vom impulsiven Typus, bei denen eine besondere Labilität in Richtung Explosivität und Aggressivität besteht
      – bei Kindern
      – bei manisch-depressiven Mischzuständen.
    • Affektsperre
      Unfähigkeit, Gefühle durch Affekte mitzuteilen. Die vorhandenen Gefühle lassen sich nicht an Mimik, Gesichtsausdruck, Gestik ablesen. Die Menschen wirken undurchsichtig.
    • Affektverflachung
      Wird manchmal auch etwas unschön als Abstumpfung, Affektlahmheit, Affektstarre oder Affektverödung bezeichnet.
      Der Betroffene verliert das Mitempfinden, die emotionale Schwingungsfähigkeit (Spannbreite der Gefühle) erringert sich. Es lassen sich Gefühlsäußerungen nur schwer auslösen. Im Extremfall wirken Betroffene nach außen teilnahmelos und gefühlsleer. Hier scheint ein Leidensdruck zu fehlen.
    • Ambivalenz
      Wird meistens in der Literatur zu den Affektstörungen gezählt. Ich habe sie aber unter dem Extrapunkt Ambivalenz gesondert genannt und beschrieben.
    • inadäquate Affekte
      „Unangemessene“ Gefühlsäußerungen. Sie werden auch als paradoxe Affekte bezeichnet. Hier passen die Gefühlsäußerungen eines Menschen nicht mit seinen Gedankeninhalten oder seiner Stimmmung oder einer bestimmten Situation zusammen.
      Man sagt dazu auch Parathymie.
      Z.B. ganz traurige Erlebnisse können munter lächelnd erzählt werden.
      Hier bleibt für den Untersucher aber häufig offen, ob es sich wirklich um eine Inadäquatheit der Gefühle – am Beispiel, der Erzähler empfindet bei der Schilderung des ganz traurigen Erlebnisses gar keine Traurigkeit, im Gegenteil – oder um eine Inadäquatheit der Gefühlsäußerungen (=Paramimie) – am Beispiel, der Erzähler empfindet die Traurigkeit beim Erzählen, nach außen zeigt die Mimik aber das Gegenteil – handelt.

 

  • Ambivalenz
    Es bestehen zugleich miteinander unvereinbare Gefühle oder Vorstellungen oder Absichten oder Wünsche (Uneinheitlichkeit von Fühlen, Denken und Wollen). Die Patienten stecken regelmäßig in einem „Zwiespalt“, was oft als sehr quälend empfunden wird.
    Z.B. Ein Patient will zugleich essen und nicht essen (Wollen). Oder er kann sich – ganz banal – morgens nicht zwischen der roten und der blauen Hose entscheiden. Er ist also ständig hin und her gerissen, was die Alltagsbewältigung ziemlich erschweren – wenn nicht gar unmöglich – machen kann.
    Oder es wird eine Ansicht und gleichzeitig das Gegenteil geäußert (Denken).
    Oder ein Patient empfindet für ein und die selbe Person Hass und Liebe gleichzeitig. Oder er lacht und weint in einer Situation zugleich (Gefühle).
    Vorkommen:
    – Schizophrenie

 

  • Anpassungsstörungen
    Diagnosebegriff aus dem Buch der klinisch-diagnostischen Leitlinien „ICD-10 Kapitel V(F)“ (=Internationale Klassifikation psychischer Störungen, zusammengestellt von der Weltgesundheitsorganisation).
    Die Anpassungsstörungen sind in dem großen Kapitel F4 – Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen – „untergebracht“. Und zwar in dem Unterkapitel F43 „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“
    Zu diesem Unterkapitel zählen die
    – akute Belastungsreaktion, die
    – posttraumatische Belastungsstörung und
    – Anpassungsstörungen.
    Bei letzteren handelt es sich um Zustände von subjektivem Leiden und emotionaler Beeinträchtigung, die soziale Funktionen und Leistungen behindern und
    während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen wie auch nach schwerer körperlicher Erkrankung auftreten.
    Die Belastung kann die Unversehrtheit des sozialen Netztes betroffen haben – wie bei einem Trauerfall oder Trennungserlebnnissen – , das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte – wie bei Emigration oder nach Flucht.
    Die Belastung kann dabei nur den Einzelnen oder auch seine Gruppe oder Gemeinde betreffen.
    Die individuelle Disposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine größere Rolle als bei den anderen Krankheitsbildern dieser Gruppe.
    Es ist aber dennoch davon auszugehen, daß das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre.
    Die Anzeichen sind unterschiedlich. Sie umfassen:
    – depressive Stimmung,
    – Angst,
    – Besorgnis (oder eine Mischung von diesen),
    – ein Gefühl, unmöglich zurecht zukommen, vorauszuplanen oder in der gegenwärtigen Situation fortzufahren, ferner
    – eine gewisse Einschränkung bei der Bewältigung der alltäglichen Routine.
    – Die betroffene Person kann sich so fühlen, als neige sie zu dramatischem Verhalten oder zu Gewaltausbrüchen, wozu es aber selten kommt. Besonders bei Jugendlichen können jedoch Störungen des Sozialverhaltens – wie z.B. aggressives oder dissoziales Verhalten – zu dieser Störung gehören.
    Keines der Symptome ist in diesen Fällen schwer genug oder an sich so markant, daß es eine spezifische Diagnose rechtfertigt.
    Bei Kindern gehören regressive Phenomäne, wie das Wiederauftreten von Bettnässen, Babysprache oder von Daumenlutschen, häufig zu diesem Syndrom.
    Die Störung beginnt im allgemeinen innerhalb eines Monats nach dem belastenden Ereignis oder der Lebensveränderung.
    Die Symptome halten meist nicht länger als 6 Monate an. Dauern die Symptome an, ist die Diagnose zu überdenken.
    Dazugehörige Begriffe:
    – Kulturschock
    – Trauerreaktion
    – Hospitalismus bei Kindern

 

  • Apallisches Syndrom
    Siehe unter Wachkoma im Lexikon.

 

  • Asperger, Hans
    Der Kinderarzt Hans Asperger beschrieb in den 1940iger Jahren als Erster eine bestimmte Form des Autismus, die nach ihm „Asperger-Syndrom“ benannt wurde.

 

  • Asperger-Syndrom
    Er gehört nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. Dies ist eine Gruppe von Störungen, die durch Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten charakterisiert sind.
    Diese Gruppe von Störungen läuft heute auch unter dem Namen „Autismus-Spektrum-Störungen“.
    Beim Asperger-Autismus handelt es sich um eine „abgeschwächte“ Form innerhalb der Autismus-Spektrum-Störungen. Die Intelligenz ist normal bis überdurchschnittlich . Auffällig werden die Kinder ab dem 3. Lebensjahr.

 

  • Autismus
    Man versteht unter Autismus eine „Ich-Versunkenheit“ und Abkapselung von der Realität. Die Patienten leben gewissermaßen in einer „Privatwelt“. Autistische Patienten können sich daher nicht so verhalten, wie es die jeweilige Situation erfordern würde. Beispielsweise befragt ein Patient stundenlang seine Mitpatienten nach ihren Vorfahren und erstellt Stammbäume, ohne das Desinteresse und den Ärger der Mitpatienten überhaupt wahrzunehmen.
    Autismus ist ein Mechanismus, durch den sich der Ich-gestörte Kranke vor Überforderungen schützt.
    Extrem autistische Kranke nehmen keinen Anteil mehr an ihrer Umgebung, sprechen kaum noch (Mutismus ) oder bewegen sich nicht mehr (Stupor ).
    Das Symptom Autismus bei Schizophrenen ist nicht zu verwechseln mit dem ähnlichen Begriff „frühkindlicher Autismus“. Dies ist ein eigenständiges Krankheitsbild, was bei kleinen Kindern auftreten kann. Aber auch hier ist die Kontaktstörung ein wesentliches Symptom.
    Vorkommen:
    – Schizophrenie
    – Neurotische und Belastungsstörungen
    – hirnorganische Störungen
    – frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom
    – als normale Charaktervariante in schwächerer Ausprägung

 

  • Autismus, atypischer
    Er gehört nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. Dies ist eine Gruppe von Störungen, die durch Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten charakterisiert sind.
    Diese Gruppe von Störungen läuft heute auch unter dem Namen „Autismus-Spektrum-Störungen“. Der atypische Autismus heißt deshalb „atypisch“, weil nicht alle diagnostischen Kriterien, die v.a. für den frühkindlichen Autismus gelten, erfüllt werden.

 

  • Autismus, frühkindlicher
    Auch Kanner-Syndrom. Er gehört nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. Dies ist eine Gruppe von Störungen, die durch Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten charakterisiert sind.
    Diese Gruppe von Störungen läuft heute auch unter dem Namen „Autismus-Spektrum-Störungen“.
    Der frühkindliche Autismus zeigt sich meist vor dem dritten Lebensjahr, meist in der frühen Babyzeit schon. Die Intelligenz ist normal bis unterdurchschnittlich (alle Schweregrade einer geistigen Behinderung sind möglich).
    Autismus-Spektrum-Störungen
    Das ist eine sehr buntgemischte Gruppe von Störungen, deren gemeinsamer Nenner autistische Verhaltensweisen in sehr unterschiedlicher quantitativer Ausprägung sind. Sie gehört nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. Dies ist eine Gruppe von Störungen, die durch Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten charakterisiert sind.
    Dazu zählen u.a. der frühkindliche Autismus und das Asperger-Syndrom.

 

Das Leben kostet viel Zeit, Jens Sparschuh

Sonntag, 25.August 2018daslebenkostetvielzeit-kopie-2.jpg

Wieder mal ein Literaturkreis-Roman.

Titus Brose schreibt die Lebenserinnerungen von Pflegeheim-Bewohnern auf.

Sehr flüssig und unterhaltsam, eine nette Plauderei. Das Pflegeheim –  von Gefängnis, trostlos, traurig bis (galgen)humorvoll, makaber, lustig…. Dahinter verstecken sich viele philosophische Fragen, die mich zum Nachdenken anregten:

Der Sinn des eigenen Lebens, der Verlust der Erinnerung, die Vorstellung vom eigenen Altwerden und Sterben, der Tod („JETZT!- VORHANG ZU! ENDE DER VORSTELLUNG“)

Dazwischen sehr gut recherchierte neurologische Leidensdarstellungen – extrapyramidale Störungen im Mundbereich, motorische Aphasie…-, ein liebenswerter, geduldiger Brose, der perfekt die klientenzentrierte Gesprächsführung beherrscht und deshalb bei den Senioren gut ankommt, sehr gut beobachtete und geschilderte Pflegeheimatmosphäre…

Anregung, sich mit Chamisso und dessen Förderer zu beschäftigen…

Die Entwicklung Broses vom resignierten Schreiberling zum wieder recherchierenden stolzen Journalisten -mit Füller und Papier….

Mängel gab es bestimmt auch, für mich standen sie aber nicht so im Vordergrund. Damit sollen sich die Literatur-Dauernörgler beschäftigen….

Also für den Leser dieser Zeilen eine klare Leseempfehlung!

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag

 

Nachtrag:

Mir gefiel das Buch, mein Literaturkreis hat es aber total verrissen. Tja, so unterschiedlich sind Wahrnehmung und Geschmack. Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung!

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